Wer ist das???
Die gesuchte Person wird von einem berühmten Autor, dem wir hier auch verbal folgen, als leidenschaftlicher, nationalistischer Fanatiker beschrieben, der in kompromissloser Manier ein bestehendes System auch über die Grenzen seiner Nation hinaus von Grund auf verändern will.
Er ist groß und beleibt, er wirkt gesund, ja nahezu übergesund. Die Wucht und Wildheit eines ganzen Volkes sammelt sich in seiner Überschussnatur. Er denkt unbewusst aus der Masse heraus. Er stellt den Willen der Masse in einer bis zum höchsten Leidenschaftsgrad gesteigerten Potenz dar. Und die Nation folgt ihm...
Stämmig, grobfleischig, hartknochig... der Gesuchte ist offenbar eine imposante Erscheinung. Und ein Hitzkopf... Abends muss er seine hitzig und rot schwellenden Adern abdämpfen. Er spricht laut und von seiner Person geht atmospherisch Gewalt aus. Die um ihn sind, hält er durch sein herrisch-männliches Wesen in einer Art dienstbarer Hörigkeit.
Die gesuchte Person, offenkundlich ein Mann, fanatisiert jede Idee. Er ist dann am stärksten, wenn ihm Zorn und Hass am wildesten von der Lippe springt. Er gilt als unbelehrbar, sein Ton als diktatorisch. Er kann nur Jasager um sich brauchen, um sich ihrer zu bedienen, und Neinsager, um seinen Zorn an ihnen zu entzünden und sie zu zermalmen. Sein unerlernbarer Instinkt verleiht ihm eine aufreizende Selbstsicherheit, die manch einem auch als blasphemische Überheblichkeit vorkommen könnte.
Er kann Leute nicht leiden, die sich unentschieden präsentieren, die sich von ihm nicht eindeutig festlegen lassen. Die künstliche Rede erregt seine Galle. Als kriegsfroher Streiter buttert diese kämpferische Natur, dieser geborene Raufbold, manch feingliedrigen Denker mühelos unter. Kampf ist für ihn nicht nur Lust und Entladungsform seiner Kraft, sondern geradezu Rettung für seine überfüllte Natur. Dreinschlagen, Zanken, Schimpfen, Streiten …. das ist seins.
Ein Freund von ihm beschreibt das so: "Fast tödlich durchschauert´s mich, wenn ich an die Wut denke, die in dem Mann kocht, sobald er´s mit einem Gegner zu tun hat." Und wenn einer schon hilflos am Boden liegt, ist ihm Mitleid oder gar Noblesse fremd, er drischt in blindwütigem Zorn weiter zu. Wenn er eine Fehde beginnt, so kommt ein Zorn zum Tragen, den weder Rücksicht noch Gerechtigkeit hemmen kann. Mit Lust zertrampelt und zerstampft er seine Gegner. Wen er hasst, dem gönnt er auch nach dem Tode keine gerechte Nachrede.
Er scheut auch vor Unwahrheiten und Verleugnungen nicht zurück, um seine Gegner auszutilgen. Er gibt offen zu, dass man für einen guten Zweck auch eine "gute, starke Lüge" nicht scheuen sollte.
Er ist häufig mit einer Bibel in der Hand zu sehen. Doch sieht er in der christlichen Lehre keinen Gegensatz zu seiner Streitlust. "Ein Mensch, besonders ein Christ, muss ein Krieger sein", so seine eigene Einschätzung. Selbst Gott kämpfe, dessen scheint er sich sicher.
Also wer ist´s?
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Der ist´s jedenfalls nicht, obwohl es irgendwie auch nicht so schlecht gepasst hätte, finde ich. Eine bedeutsame Wählergruppe, ohne die er´s nicht in´s Amt geschafft hätte, ist übrigens die evangelikale Rechte....
Der ist´s! Auch Martin Luther präsentiert die Bibel. Immerhin kann man bei ihm davon ausgehen, dass er sie auch wirklich gelesen hat. Aber trotzdem meine ich, im Blick der beiden eine gewisse Ähnlichkeit zu sehen. Das kann natürlich Zufall sein....
Die Beschreibung Martin Luthers stammt übrigens aus der Feder von Stefan Zweig. Dem wird ja im Allgemeinen keine üble Nachrede vorgeworfen. Doch er teilt das Schicksal vieler nicht-lauter Menschen: Seine trefflichen Gedanken und Analysen haben in der Weltgeschichte keine eindeutige Signatur hinterlassen und viele haben ihn schon längst vergessen.
Wie sagt Zweig es selbst? Wenn man in der Weltgeschichte etwas verändern will, kommt es nicht nur auf die Inhalte an, sondern im Wesentlichen auf die Art der Präsentation.
Und auch Luther lassen wir noch zu Wort kommen. Denn wenn ihn einer durch den Vergleich mit Nr. 45 verunglimpft sieht, so kann ich nur sagen: Als ich Zweigs Buch las und Trumps Bibelpräsentation sah, da "konnte ich nicht anders"... ;)
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Friedrich Ganten (Saturday, 06 June 2020 13:33)
Sehr schön, sehr schön. Toller Vergleich!
Was sie jedoch unterscheidet ist, dass Luther eine Idee verfolgt hat, die von einer Größe zeugt, die mich bis heute beeindruckt: Wir Menschen sind vor Gott gerechtfertigt. Nicht unsere Handlungen führen zu dieser Rechtfertigung, sondern allein die Tatsache, dass wir sind. Das wirkt bis heute befreiend.
(-:
Christian Voll (Saturday, 06 June 2020 15:38)
Da ist was dran. Es würde sich allerdings recht zwanglos die spannende Frage anschließen, warum wir (oder zumindest Teile der Gesellschaft) überhaupt den Drang verspüren, "gerechtfertigt" zu sein, sei es durch unsere Handlungen, sei es durch unser Sein... ?
Friedrich Ganten (Sunday, 07 June 2020 22:22)
Guten Abend,
eine sehr interisante Frage. Zur Klärung bräuchte man, nach meinem Ermessen, einen längeren Spatziergang durch Dühnen oder einen Wald. :-)