Seit der Aufklärung, also seit hunderten von Jahren, träumen die Menschen davon, sich abzunabeln von Mutter Natur. Sie wollen durch technische Lösungen eine „standesgemäße“, naturunabhängige und paradiesisch unbeschwerte Existenz verwirklichen. Der Mensch soll sich am eigenen Schopfe herausziehen aus der Familie der Tiere, in die ihn Herr Darwin einst einsortierte.
Elon Musk will den Mars besiedeln. Dauerhaft. Das ist erklärtermaßen sein oberstes und eigentliches Ziel. Der Mars erscheint ihm dafür auserkoren, das Versprechen der Aufklärung einzulösen und die Menschheit zu retten. Die Besiedelung des Mars soll den Beginn einer außerirdischen und somit außernatürlichen Existenz des Menschen markieren. Dieser Beginn sollte natürlich - kleiner Nebeneffekt - auf ewig mit dem Namen Elon Musk verbunden sein.
Der unerschütterliche Glaube an die künftige Möglichkeit der technischen Realisierung aller menschlichen Wünsche ist letztlich religiöser Natur. Er kann ebenso wenig widerlegt werden wie die Existenz Gottes.
Und wie jeder Glaube, so mag auch der Glaube an die Technik - vor allem in Verbindung mit einer ordentlichen Prise Narzismus - manch einen beflügeln und zu einem gewissen Erfolg führen, und sei es nur die Erwirtschaftung eines beträchtlichen Privatvermögens (aktuell wohl 330 Milliarden US-Dollar).
Persönlich mag ich Mutter Erde recht gerne und halte es für kurzsichtig, ihr entfliehen zu wollen, da diese Sehnsucht - ebenso wie das allzu großes Vertrauen in einen rettenden Gott - von den eigentlichen Problemen ablenkt bzw. deren Lösung aktiv behindert.
Diese unselige Verbindung von Fortschrittsglaube und Erdzerstörung findet momentan eine kaum zu toppende Illustration in der bizarren Liebe zwischen Herrn Musk und Herrn Trump.
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Friedrich Ganten (Monday, 09 December 2024 21:40)
Die Mars-Besiedlungsplänen von Herrn Musk würde ich als Hybris bezeichnen.
In der Antike neigte die Götter dazu, Menschen mit diesen Charakterzügen zu bestrafen. Hoffen wir mal, dass Herr Musk um ein solches Schicksal herum kommt, denn die Strafe der Götter war nach heutigen empfinden recht drastisch.
Christian Voll (Tuesday, 10 December 2024 11:04)
Ich bin durchaus kein Fortschrittsfeind, doch ich glaube genauso wenig an die technische Lösung aller nur denkbaren Probleme. Doch genau dies ist der Kerngedanke der Aufklärung, den ja z.B. Steven Pinker in seinem vielbeachteten (aber schlecht recherchierten) Buch "Enlightement now" (Aufklärung jetzt) bekräftigt hat.
Letztlich sehe ich im schillernden Herrn Musk lediglich einen prominenten und extremen Repräsentant einer an sich weit verbreiteten grundsätzlichen Denkrichtung, und ich fürchte, die Rechnung für diese allgemein verbreitete Hybris, also gewissermaßen die göttliche Strafe der Antike, bekommen am Ende wir alle präsentiert...