Götter gibt´s schon ziemlich lange. Keiner weiß, wie lange genau. Aber immer schon waren die Götter mächtige und meist gefürchtete Wesen. Man wollte sie auf keinen Fall verärgern. Oft waren sie eitel. Man musste ihnen huldigen und viele Lämmer oder Stiere opfern. Dann waren sie besänftigt und zufrieden. Mehr wollten sie erst mal gar nicht, die Götter.
Wenn man seinem Nachbarn den Schädel einschlug, war´s den frühen Göttern egal. Sie kümmerten sich nicht drum. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, wegen so etwas einen Gott einzuschalten. Niemand hätte damit gerechnet, dass sich ein Gott für so was überhaupt interessiert. Die Regulierung zwischenmenschlicher Fehltritte war Sache der Menschen.
In einem kleinen Dorf war das kein Problem. Jeder kannte jeden. Man konnte es untereinander ausmachen. Man kannte auch die Leute aus dem Nachbardorf. Es war irgendwie überschaubar. Einen Gott brauchte man eher für andere Sachen. Für wirklich komplizierte und bedrohliche Sachen. Für Sachen, die man nicht durchschaute und auch nicht im Griff hatte: Unwetter, schlechte Ernten, ausbleibender Nachwuchs...
Doch aus überschaubaren Dörfern wurden Städte. Die Städte wurden immer größer. Sie wollten ernährt und versorgt sein. Das Handwerk erblühte, es wurde gehandelt. Die Menschen wurden mobil. Netzwerke hielten das zusammen, was man später "Hochkultur" nennen sollte.
Das soziale Gefüge wurde immer komplizierter und unkontrollierbarer. Die Götter bekamen daher zusätzliche, grundlegend neue Aufgaben. Sie mischten sich erstmals aktiv in´s menschliche Miteinander ein. Sie erließen Regeln für zwischenmenschliches Verhalten. Das war revolutionär. Was sollte man davon halten? Göttliche Regeln hatten jedenfalls Gewicht. Sie zu befolgen versprach Gewinn. Sie zu brechen war riskant...
Der Erfolg gab den Göttern vorerst recht. Mit der Hilfe der moralischen Regeln großer Götter funktionierten komplexe Gesellschaften einfach besser. Sie konnten sich erhalten und letztlich sogar noch komplizierter werden.
Doch zurück zum Hier und Jetzt. Die moderne Welt ist durch und durch vernetzt und globalisiert. Sie ist zu einer einzigen globalen Gesellschaft verschmolzen. Wir sind in einer Schicksalsgemeinschaft vereint. Wir alle sind Teil einer einzigen, erdumspannenden Hochkultur.
Unsere Hochkultur ist so kompliziert wie nie eine Gesellschaft zuvor. Das hat Folgen. Wir haben wesentliche Entwicklungen nicht mehr unter Kontrolle. Die Erde zerrieselt uns zwischen den Händen.
Bezüglich religiöser Orientierungen herrscht allerdings ein heilloses Durcheinander. Viele große Götter oder übernatürliche Prinzipien werben um unsere Gunst, eine Art Kakophonie, fast wie auf einem Jahrmarkt. Wir sind uns daher noch ziemlich uneins, welcher Gott uns letztlich das beste Angebot machen wird...
Aber wenn die göttlichen Regeln einst dazu beitrugen, komplexe Gesellschaften überhaupt erst zu ermöglichen, wie kann dann eine einzige, globale, superkomplexe Gesellschaft ohne einheitliche göttliche Vorgaben funktionieren? Geht das überhaupt...?
Liebe Götter
Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, ob es Euch wirklich gibt. Mir wäre es jedenfalls lieber, die Menschen würden sich nicht allzu sehr auf Euch verlassen. Mir wäre es deutlich lieber, die Menschen würden auch ohne Euch für eine friedliche Welt sorgen, die auch morgen und übermorgen noch liebens- und lebenswert ist.
Aber wenn es Euch gibt, und wenn Ihr die Menschen liebt (davon gehen immerhin die meisten Gläubigen aus....), macht Ihr Euch dann keine Sorgen um uns Menschen? Seht ihr nicht unsere Not? Wäre es nicht Zeit für eine Veränderung? Ich finde, Ihr solltet dringend miteinander reden...
Denn sollte es Euch wirklich geben, so hätte ich ein großes Anliegen:
Götter aller Menschen, bitte vereinigt Euch!!
Werdet Eins!
und dann offenbart Euch...
Allen!
Eindeutig!
Wenn wir diesbezüglich nichts von Euch hören, gehen wir davon aus, dass
a) es Euch nicht gibt, oder
b) dass wir Euch wurscht sind.
Beides wäre für viele irgendwie schade, aber wenigstens wüssten wir, woran wir sind.
Write a comment
Rene’ (Saturday, 11 November 2023 23:38)
Glaubensrichtungen aller Länder vereinigt Euch.
Erst denken, dann glauben.