Erst neulich wollte ich ein paar neue Regeln einführen, um unsere gemeinsame Zukunft zu sichern. Ich dachte mir, Fliegen sollte nicht mehr subventioniert werden. CO2 sollte bepreist werden. Die Landwirtschaft sollte weniger Kunstdünger und Umweltgifte verwenden. Doch nicht alle waren einverstanden.
"Wenn Du für den Umweltschutz bist, dann musst Du natürlich mit gutem Beispiel vorangehen.", sagten sie.
"Du darfst also ab sofort nicht mehr fliegen und kein Fleisch mehr essen. Das ist das Mindeste! Wir werden schon sehen, ob Du´s ernst meinst!"
Ich holte Luft, da sagten sie: "Wir warnen Dich schon mal vor: Wenn Du´s trotzdem machst, dann bist Du raus. Du brauchst dann nichts mehr zu sagen, weil wir ohnehin nur über Dich lachen werden.
Wir selbst reden nämlich nicht so blöd daher. Wir spielen uns nicht so auf und machen uns nicht so wichtig. Deswegen dürfen wir auch so viel Fleisch essen so viel fliegen wie wir wollen. Wir sind wenigstens authentisch. Wir sind ehrlich. Wir fordern nichts von anderen, was wir nicht selbst zu leisten bereit sind. Das wäre uns peinlich!"
Ich setzte nochmal zu einer Antwort an, da sagten sie: "Du brauchst jetzt nicht gleich zu weinen. Entspann Dich und gönn´ Dir was Schönes. Die Welt wirst Du ohnehin nicht retten."
Ich wollte was klarstellen, nochmal was sagen, über Regeln und Freiheiten, die beide für alle gelten, über den Einzelnen und das Gemeinwohl.... aber sie stießen mit schweren Krügen an und sprachen schon über was anderes....
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Friedrich (Saturday, 06 April 2019 14:23)
Werter Autor,
Eine Falle, in die wir immer wieder tappen ist die, dass wir das, was ein Mensch sagt, als Richtig oder Falsch beurteilen, auf Grund der Handlungen dieser Person. Eine integere Person ist meist überzeugender.
Hat aber z.B Al Gore weniger recht mit seinen Aussagen, nur weil er permanent um die Welt fliegt um diese Nachricht zu verbreiten?
Hätte Greta Thunberg weniger Recht, wenn sie statt mit dem Zug mit dem Flugzeug reisen würde?
Man darf die Handlung eines Menschen und seine Aussage nicht gleichsetzten.
Ich glaube, dass es mindestens zwei Wege gibt, wirksam zu werden.
- Man ist ein gutes Vorbild und und erzeugt dadurch Aufmerksamkeit.
- Man befasst sich mit der Wissenschaft, Soziologie, Politik und Ökonomie und erklärt die Zusammenhänge und die Notwendigkeit.
Angreifbar wird man immer sein. Allein die Tatsache, dass wir existieren, würde einen Unglaubhaft machen. Da jeder Atemzug die Umwelt karbonisiert. Gerade haben wir gelernt, dass allein durch unsere schiere Existenz pro Jahr mehr als 50 Tonnen CO2 erzeugt werden.
Wir Menschen sind so gemacht, dass wir ungern moralisch belehrt werden. Es wird als Kränkung erlebt und wir reagieren mit Arroganz und Ignoranz.
Unser Handeln kann helfen, die Welt zu verbessern. Gerettet wird die Welt dadurch noch nicht. Durch unser Handeln kann aber unsere Würde gerettet werden.
Hochachtungsvoll, Friedrich Ganten
Christian Voll (Sunday, 14 April 2019 10:06)
Lieber Friedrich Ganten,
Mit dem Gesagten bin ich ganz einverstanden. Trotzdem drängt es mich zu einer Erwiderung:
Heute habe ich in der ZEIT ein Dossier über Anton Hofreiter gelesen. Der Text ist definitiv lesenswert und ich bekam so was wie ein Gefühl für den Menschen und Politiker Hofreiter.
Hofreiter wird ja eher dem linken Parteiflügel der Grünen zugeordnet. Trotzdem isst er gerne Fleisch und fährt Ski. Darauf angesprochen zitiert er Dürrenmatt: "Jeder Versuch eines Einzelnen, für sich zu lösen, was alle betrifft, muss scheitern." Daraus leitet er sein Fazit ab: "Nicht der Einzelne darf für sein Fehlverhalten bestraft, sondern das System muss neu reguliert werden." Er spricht mir aus der Seele! Und ich darf den Zitaten noch einen eigenen Spruch beifügen: "Noch besser, als in Würde zu sterben, ist es, in Würde zu leben."
Herzliche Grüße von Christian Voll